Mein Lagerbestand an alter Reklame und historischen Firmenkatalogen wird zur Zeit kontinuierlich weiter aufgebaut. Ein neuer ständiger Lieferant sorgt für kontinuierlichen Nachschub. Jetzt geht es ans Katalogisieren. Dabei gibt es oft ein Problem: wann wurde der Firmenkatalog oder das Werbeblatt gedruckt?
Die Vorgehensweise bei der Altersbestimmung derartiger Drucksachen möchte ich Ihnen heute in diesem Beitrag schildern.
1. Der Katalog trägt ein aufgedrucktes Datum
Am einfachsten ist natürlich ein gut erkennbares, aufgedrucktes Datum (und mir natürlich auch am liebsten). Zum Glück tragen viele alte Kataloge zumindest eine Jahresangabe, oft direkt auf dem Titelblatt. Hier ein Beispiel vom April 1957:
2. Verstecktes Druck-Datum
Viele Drucksachen enthalten ein verstecktes Druckdatum. Suchen Sie an den Seitenrändern nach kleingedruckten Zahlen. Meist steht auch die Name der Druckerei neben scheinbar kryptischen Ziffern. Die bedeuten oft das Jahr des Drucks. Oft ergänzt durch den Monat und manchmal auch die Auflagenhöhe. Als Beispiel dient diesmal ein Prospekt für ZARFTIN Flüssiger Kraft-Extrakt:
3. Ungefähre Altersbestimmung durch Auszeichnungen
Gerade in der Zeit von etwa 1875 bis 1920 beteiligten sich viele Firmen an Ausstellungen wie den Weltausstellungen oder auch nationalen oder regionalen Produktschauen. Erhielt das Unternehmen für seine Produkte dort eine Auszeichnung, dann wurde damit natürlich gern Werbung gemacht. Das ist durchaus vergleichbar mit den heutigen Testergebnissen der Stiftung Warentest. Damals waren es Medaillen, die immer das Jahr der Veranstaltung trugen.
Trägt ein Katalog eine derartige Medaille, dann hat man einen Anhaltspunkt für das Erscheinungsdatum. Die Firma Spindler & Hoyer aus Göttingen erhielt auf den Weltausstellungen in Paris 1904 und St. Louis 1904 jeweils eine Auszeichnung. Der hier gezeigte Katalog ist daher auf jeden Fall frühestens 1904 gedruckt worden:
4. Währungsangabe
Ein weiteres Kriterium, um das Alter eines Kataloges oder einer Preisliste wenigstens einzugrenzen, ist die Währung, in der die Preise ausgezeichnet sind. In Deutschland gab es seit der Reichsgründung 1871 folgende Währungen:
- Mark (1871-1923)
- Rentenmark (1923-1924)
- Reichsmark (30.8.1924-1948)
- Deutsche Mark (1948-2001)
- Mark der DDR (1. Januar 1968 bis 30. Juni 1990)
- Euro (Buchgeld seit 1999, Bargeld seit 2002)
5. Schriftart
Bis etwa 1940 war die Fraktur die gebräuchliche Druckschrift. Während es Bücher auch noch in der Nachkriegszeit in Fraktur gab, wurde Firmenwerbung schon seit den 1940er Jahren kaum noch in Fraktur gedruckt. Der hier gezeigte Persil-Prospekt stammt daher höchstwahrscheinlich aus der Zeit von vor 1940. Bestätigt wird das in diesem Fall durch der versteckte Druckjahr 1938.
6. Mode, allgemeines Erscheinungsbild
Gerade Kataloge und Prospekte, in denen Menschen abgebildet sind, lassen sich leicht über die Mode zeitlich einordnen. Zumindest das Jahrzehnt läßt sich anhand der Bekleidung recht gut bestimmen. Die Bildsuche von Google ist ein gutes Hilfsmittel, um sich typische Kleidung beispielsweise der 1950er Jahre anzuschauen. Versandhauskataloge sind ein besonders gutes Beispiel dafür:
Ich katalogisiere ja bereits seit nahezu 30 Jahren Bücher und alte Reklame. Durch die lange Erfahrung bin ich allein aufgrund der Gestaltung einer Drucksache in der Lage, eine Datierung auf etwa 10 Jahre genau einzuschätzen.
7. Ähnliche Kataloge oder Prospekte im Internet suchen
Wenn man so gar keine Vorstellung vom Alter eines Schriftstückes hat, bietet sich eine Google-Suche nach dem Namen der Firma mit dem Zusatz „Katalog“ oder „Prospekt“ an. Oft findet man so Seiten, die Anhaltspunkte für das Alter des Kataloges an. Für die weitere Recherche hier drei erfolgversprechende Internet-Adressen:
- Eurobuch.com
Metasuchmaschine für antiquarische Bücher - Deutsche Nationalbibliothek
Nicht immer erfolgreich, aber immer einen Versuch wert: die Suche im Bibliothekskatalog - Deutsches Historisches Museum
Suche in der Objektdatenbank oder der Bilddatenbank
8. Bei der Firma nachfragen
Wenn die Firma noch existiert, dann lohnt sich oft die Nachfrage bei der zuständigen Presseabteilung. Gerade große Konzerne unterhalten oft ein umfangreiches Firmenarchiv und sind meist sehr auskunftsfreudig. Ich habe schon mehr als einmal erlebt, dass ich mir die Katalogisierung eines Prospektes nach der Anfrage schenken konnte, weil das Unternehmen den Prospekt aufgrund meiner E-Mail gleich gekauft hat.
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