Schreibmeisterbücher enthalten Schriftmuster, erklären die Behandlung der Schreibfedern, die Herstellung von Tinten und vermitteln allerhand nützliches Wissen rund um das Schreiben.

Durch die Reformation nahm auch das Schulwesen in Europa einen enormen Aufschwung. So blieb das Lesen und Schreiben kein Privileg der Klöster und des Adels mehr. Nahezu Jeder konnte es nun lernen.

Die Kanzlisten der Höfe traten die Nachfolge der Schriftkünstler des Mittelaters an und lehrten als „Schreibmeister“ in öffentlichen und privaten Schulen die Schreibkunst, meist zusammen mit der Rechenkunst. Zu Anschauungs- und Lehrzwecken gaben einige von ihnen Schriftvorlagen heraus, die sogenannten „Schreibmeisterbücher“.

Zwischen 1500 und 1800 erschienen etwas 800 Schreibmeisterbücher, die heute meist äußerst selten geworden sind. Da sie zu Lehrzwecken eingesetzt wurden, unterlagen sie einem starken Verschleiß und haben nur vereinzelt bis heute „überlebt“.

Die schönsten Exemplare erschienen im 16. und 17. Jahrhundert. Das erste deutsche Schreibmeisterbuch entstammt der Feder des vermutlich bedeutendsten Schreibmeisters Johann Neudörffer der Ältere (* Oktober 1497 in Nürnberg; † 12. November 1563 in Nürnberg). Es erschien 1519 unter dem Titel „Fundament … seinen schülern zu einer unterweysung gemacht“.

Neudörffers Hauptwerk ist eine Weiterentwicklung dieses Buches. Es heißt „Ein gute Ordnung vnnd Kurtze vnnterricht der fürnembsten grunde aus denen die Jungen Zierlichs schreibens begirlich mit besonnderer, kunst vnd behendig-kait unterwisen vnd geubt mogen werden Durch Johan[n] Neudorffer Burger vnd Rechenmaister Zu Nurmberg, seinen schulern zu mererm verstandt geordnet Jm Jar der geburt Jesu Christi vnsers herrn vnd seligmachers“ und kam 1538 heraus. Ein Exemplar dieses Buches befindet sich in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.

Johann Neudörffer: Eine gute Ordnung und kurzer Unterricht, Nürnberg 1538; Titelblatt (Radierung; Wiedergabe nach dem seitenverkehrten Originaldruck des Exemplars im Besitz des Germanischen National-Museums Nürnberg).

Im 18. Jahrhundert werden mit der aufkommenden Kupferstichtechnik immer kühner geschwungene Formen entwickelt, deren Qualität aber immer mehr nachläßt. Sammelnswert sind aber auch diese Schreibmeisterbücher – vor allen Dingen, weil die raren Ausgaben aus dem 16. und 17. Jahrhundert entweder meist in festen Händen von Museen und Bibliotheken sind oder für den „normalen“ Bücherliebhaber schlicht unbezahlbar.

Bibliografisch wird dieses Gebiet der Buchkunst noch recht stiefmütterlich behandelt – es gibt lediglich einen Titel von Werner Doede: Bibliographie deutscher Schreibmeisterbücher von Neudörffer bis 1800. Dieses Buch ist nur noch antiquarisch erhältlich und kostet derzeit etwa 65-75 Euro.

Ergänzende Bemerkung von Rainer F. Meyer via Twitter: Zu Doede Nachträge im ‚Philobiblon‘ (Ausgaben dieser Zeitschrift gibt es auch nur noch antiquarisch).

Martina Berg
Die Bücher-Berg