Wenn sich schon einmal ein berühmter Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger in die tiefste lippische Provinz verirrt, dann muß ich natürlich dabei sein. Denn wahrscheinlich wird sich solch eine Gelegenheit in meinem Leben nicht nochmals ergeben. Außer mir dachten noch circa 1.250 andere Lipper so und waren bei der Lesung von Günter Grass am 15. Februar 2015 in Detmold dabei.
Innerhalb kürzester Zeit nach Bekanntgabe dieses Lesungstermins waren die Karten für die erste Lesung im Landestheater Detmold vergriffen. Aufgrund dieser überwältigenden Resonanz war Günter Grass bereit, am Abend des selben Tages eine weitere Lesung abzuhalten. Diese fand dann in der Detmolder Konzerthalle statt.
Ich war bei der Lesung im Landestheater dabei, die pünktlich um 11.30 Uhr begann. Obwohl ich direkt nach der Veröffentlichung des Termins Karten bestellt hatte, reichte es nur für Plätze in der „billigsten Kategorie“: dritter Rang, fast unter der Decke des Theatersaals. Trotzdem war der Blick auf den Nobelpreisträger recht gut, wenn er auch etwas weit weg war. Den Preis für eine Karte der Kategorie D betrug auch nur 8 Euro. Fand ich völlig okay, Kino ist ja meist schon teurer.
Günter Grass kam auf Einladung des Literaturbüros Ostwestfalen-Lippe, das in diesem Jahr sein 25jähriges Jubiläum feiert. Er las aus seinem neuesten Werk „Grimms Wörter“ (erschienen 2010). Nach „Beim Häuten der Zwiebel“ und „Die Box“ ist er „Grimms Wörter“ der dritte Teil seiner Lebenserinnerungen. Ich war sehr überrascht, das der doch arg gebeugt gehende Schritsteller trotz seiner fast 88 Jahre noch eine so feste und ausdruckstarke Stimme hat. Über nahezu eine Stunde lang las er fesselnd und ohne sich auch nur einmal zu verlesen zwei unterschiedliche Kapitel aus „Grimms Wörtern“ – noch dazu im Stehen. Beeindruckend sein Spiel mit der Sprache, bei dem mir wieder einmal bewußt wurde, welch eingeschränkten Wortschatz ich doch tagtäglich benutze.
Es war ein tolles Erlebnis, unseren bedeutendsten noch lebenden Schriftsteller live erleben zu dürfen. Auch wenn ich mir „Grimms Wörter“ wahrscheinlich nicht kaufen werde. Hören war ja interessant, aber lesen ist mir dann doch zu anstrengend. Die an die Lesung anschließende Signierstunde ließ ich dann auch aus. Ich mag Drängeleien und Schlangestehen einfach nicht – auch nicht, um die Unterschrift eines Literaturnobelpreisträgers zu bekommen.