Gedruckte Firmenbriefköpfe und besonders aufwendig gestaltete Rechnungsformulare kamen in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Mit dem Beginn der industriellen Fertigung mußten immer neue Absatzmärkte erschlossen werden und dies führte zu einem sprunghaften Anstieg des geschäftlichen Schriftverkehrs.

Vorgedruckte Briefbögen, die immer wiederkehrende Informationen enthielten, stellten eine erhebliche Arbeitserleichterung gegenüber den bisher üblichen komplett handschriftlichen Briefen und Rechnungen dar. Und schon damals erkannten die Unternehmer, wie wichtig es war, bei potentiellen neuen Kunden den Erstkontakt für eine positive Wirkung zu nutzen.

Gustav Neumann. Spirituosen-, Weinessig-, Senf- und Liquer-Fabrik. 1871
Würzburg – Gustav Neumann. Spirituosen-, Weinessig-, Senf- und Liquer-Fabrik. 1871

Die ersten Briefköpfe aus der Zeit von 1820 bis etwa 1845 trugen meist noch kleine, aber dekorative Firmenvignetten. Diese Stücke werden heute aufgrund ihres Alters und der Seltenheit bei Sammlern besonders gesucht und geschätzt. Die neuen technischen Möglichkeiten der Lithographie in der Drucktechnik führten zu immer größeren und detailreicheren Schmuckansichten, die manchmal sogar mehr als die Hälfte des Briefbogens füllten. Es gab damals sogar eine Kampgne gegen „Schriftenverwilderung und Ornamentensucht“, die erfolgreich gegen die teilweise doch sehr verworrene und überbordende Gestaltung ankämpfte.

Zwickau - Oswald Saalberg. Mineralöl- und Cement-Grosshandlung. 1938
Zwickau – Oswald Saalberg. Mineralöl- und Cement-Grosshandlung. 1938

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden besonders aufwendige und schmuckreiche Briefbögen gestaltet, die manchmal sogar mehrfarbig gedruckt wurden. Neben allgemeinen Schriftinformationen wie Firmenname, Anschrift, Branche, Bankverbindung, Telegrammadresse und besonderen Produkten enthielten sie Schmuckelemente wie Arabesken, Ornamente, Medaillen und Bilder.

Besonders beliebt war bei Industrieunternehmen die Fabrikansicht (häufig mit belebten Straßenszenen und qualmenden Schornsteinen), die Größe, Besitz und Wohlstand repäsentierte. Manchmal bieten auch Innenansichten einen Einblick in die Produktion.

Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und die Qualität der Produkte wurde mit der Abbildung von Preismedaillen gezeigt, die damals auf den zahlreichen Industriemessen und Gewerbeschauen fast inflationär verliehen wurden. Allegegorien und Symbolbilder standen für Tüchtigkeit, Tradition, Fortschritt und Erfolg und wurden ebenfalls gern für die Gestaltung der Rechnungsbögen verwendet.

Würzburg - Wilhelm Stein. Weinessig- und Weinessigsprit-Fabrik. 1908
Würzburg – Wilhelm Stein. Weinessig- und Weinessigsprit-Fabrik. 1908

Die Lithographie wurde das überwiegende Druckverfahren für den kommerziellen Druck von Briefköpfen. In alten Musterbüchern von Lithographischen Anstalten finden sich sher häufig Briefköpfe von Indsutrieunternehmen. Kein Wunder, waren diese doch die sichersten Aufträge, die viel Geld in die Kassen der Druckereien brachten. Häufig findet man den Namen der ausführenden Lithografischen Anstalt auf den Rechnungen und Briefbögen am Rand vermerkt.

Im Adressbuch Deutscher Exportfirmen aus dem Jahre 1897 findet sich beispielsweise eine Anzeige der Firma Trommer & Grundmann aus Leipzig. Sie empfiehlt sich dort für die „mustergültige, hochfeine und künstlerische Ausführung von Brief- und Rechnungsköpfen“.

Mit Beginn des ersten Weltkrieges werden die Briefköpfe und Rechnungsformulare zunehmend schlichter, heute beschränkt sich die Gestaltung meist darauf, das Firmenlogo abzudrucken.

Umso schöner und begehrter sind die alten Firmendrucksachen heute bei Sammlern. Häufig sind die Firmenansichten auf den Rechnungen die einzigen Bildzeugnisse einer längst verschwundenen Firma und damit besonders interessant für Heimatsammler. Die Abbildungen und Hinweise z.B. auf das Produktionsprogramm lassen für Wirtschaftshistoriker Rückschlüsse auf die Firmenentwicklung und die Industriegeschichte einer Region oder eines Landes zu.

Elberfeld (Wuppertal) - F.A. Isserstedt. Bergisch-Märkische Margarine-Werke. 1913
Elberfeld (Wuppertal) – F.A. Isserstedt. Bergisch-Märkische Margarine-Werke. 1913

Sammler von Briefköpfen und historischen Rechnungen sind heute neben Museen auch Historiker, Firmenarchive und vor allen Dingen Privatpersonen. Manchmal werden sie zur Ergänzungen anderern Kollektionen zusammengetragen oder dokumentieren die eigene Familien- oder Firmengeschichte. Sie eignen sich auch hervorrgend als besonderes Präsent: mit einer Rechnung aus dem Geburtsjahr, ein alter Geschäftsbrief der Firma, in der der Jubilar gearbeitet hat oder vom Geschäft des Großvaters. Das ganze geschmackvoll gerahmt oder im Passepartout. Es gibt kaum ein persönliches, geschichtsträchtigeres Geschenk!

Wer nun gezielt historische Rechnungen sammeln möchte, der sollte sich einfach dem Teilgebiet widmen, das ihm am besten gefällt. Hier eine kleine Auswahl der möglichen Sammelgebiete:

  • nach Ort (Sitz der Firma)
  • nach Region (alle Briefköpfe aus dem Weserbergland)
  • nach Branche (beliebt sind z.B. Brauereien und Tabakfabriken)
  • nach Art der Abbildung (Fabrikgebäude, Trasnportmittel, Allegorien, Werkzeuge)
  • nach Namen (z.B. alle Firmen mit „Müller“ im Namen)
  • nach Erscheinungsjahren (alle Rechnungen eines bestimmten Zeitraums)
  • nach der Lithographischen Anstalt / Druckerei
  • nach der Drucktechnik (Lithographie, Buchdruck, Xylographie, Stahlstich usw.)
  • Rechnungen heute noch existierender Firmen
  • Rechnungen aus der Inflationszeit

Sicherlich gib es noch viele andere Motive für den Aufbau einer Sammlung – schließlich muß diese nur einem gefallen: dem Sammler!

Und wer jetzt Lust bekommen hat, sich diesem faszinierenden Sammelgebiet zu widmen – in meinem Online-Antiquariat gibt es eine große Auswahl. Kommen Sie doch einfach einmal stöbern!Merken

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Ein Gedanke zu “Historische Rechnungen als Sammelgebiet”
  1. Zur Rechnung „Katzenfellmantel“

    Sehr geehrte Frau Berg,
    Ich habe im Leipziger Adressbuch einmal nachgeschaut, wer die Rechnungsempfängerin Sighilt Ströfer war. Entweder lebte sie 1947 nur vorübergehend in der Prinz-Eugen-Straße 40 Leipzig (ein sehr schönes Haus, von einem früheren Direktor der Deutschen Bank erbaut,)
    oder der Kürschner und Anfertiger „vornehmer Pelze“ hat ihren Namen verballhornt. In der Prinz-Eugen-Straße 40 lebte damals u. a. ein Kaufmann Heinz Struve. Vielleicht war sie dessen Frau ? Ströfers gab es mehrere in Leipzig, enen Arzt und einen Bauunternehmer.
    Dass man in besseren Kreisen oder überhaupt Katzenfellmäntel trug, ist mir neu.
    Vielen Dank für diesen schlönen Beitrag, wir haben darüber sehr gelacht.
    Übrigens sind alte Rechnungen ein schönes Sammelgebiet, da oftmals auch die früheren Firmengebäude abgebildet sind.
    Viele Grüße aus Leipzig

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