Um die vorvorige Jahrhundertwende (also etwa 1900) war das Sammeln von Postkarten ein Massenphänomen. In nahezu jedem Haushalt gab es damals ein Sammelalbum, in dem die Karten aufbewahrt wurden, die der Postbote fast täglich ins Haus brachte.

Und scheinbar hatten schon damals die Absender dieser Karten Probleme, interessante, informative oder einfach nur unterhaltsame Texte zu verfassen. Warum sonst gab und gibt es Ansichtskarten mit Texten zum ankreuzen? Findige Autoren erkannten diese Marktlücke und verfassten entsprechende Ratgeber, die heute zum Schmunzeln verleiten.

postkartengrusseObwohl diese Ratgeber in sehr hohen Auflagen verkauft wurden, haben nur wenige davon die Zeit überdauert. Ich hatte das Glück, kürzlich eines dieser Büchlein auf einem Flohmarkt zu finden.

Es trägt den vielversprechenden Titel 200 neue Postkarten-Grüsse in poetischer Form. Für alle Lagen des modernen Lebens verfaßt von Dr. Friedrich Netto. Erschienen ist es im Verlag E. Bartels, Neuweißensee um 1900.

Für alle Postkartensammler gibt es in diesem Buch auch drei gereimte Textvorschläge unter der Überschrift „Vom Kartensammeln“. Und die möchte ich Ihnen hier präsentieren:

Auf Erden wird gar viel gesammelt,
Vom Kinde bis zum Greis, der stammelt.
Und wer Postkarten häuft mit Macht,
Dem sei auch diese dargebracht!

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Es werde nur immer gespottet!
Ob unserer Sammelei!
Hier send‘ ich Dir das Neuste!
Wir bleiben doch dabei!

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Ein Album voller Ansichtskarten
Gleicht einem prächtigen Blumengarten!
Blumen der Freude, Erinn’rung an Stunden,
An Orte, wo reines Glück wir gefunden; –
Ein froh Gedenken lacht aus den Blättern,
Das nie der Lebenssturm kann zerschmettern.
Laß dies Blatt in den Strauß mich binden,
Den Du aus der Erinnerung wirst winden!

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Heute werden ja leider immer weniger „echte“ Postkarten geschrieben, wer trotzdem eine Sammlung aufbauen möchte, der kann ja mal in meinem Antiquariats-Angebot stöbern.