Rechtzeitig vor Weihnachten des Jahre 1493 erschien die deutsche Ausgabe der Schedelschen Weltchronik (Liber chronicarum), die bereits im Sommer des Jahres unter dem Titel „Liber chronicarium cum figuris et imaginubus“ in lateinischer Sprache von den reichen Bürgern Nürnbergs gekauft werden konnte.

In Nürnberg, einer der wohlhabendsten Handelsstädte im Süden des Heiligen Römischen Reiches, fanden sich vier Männer zusammen, um eine Chronik der damaligen Welt zu schaffen. Diese Männer waren:

  • Sebald Schreyer (1446–1520), Humanist und der Geldgeber
  • Michael Wolgemut (1434-1519), der Künstler und Holzschneider der Holzstöcke
  • Anton Koberger (1440-1513), der Drucker und Buchhändler
  • Hartmann Schedel (1440-1415), Arzt und Büchersammler und quasi der „Autor“

Was diese Freunde angetrieben haben muß, war die Idee ein neues Werk zu schaffen, was größer und umfangreicher war als alles bisher erschienene. Dazu kam die Faszination der neuen Drucktechnik, die den Holzschnitt in einer völlig anderen weise mit einbezog. Ganz neu war die Idee einer Idee damals aber nicht. Knapp 20 Jahre zuvor hatte bereits der „Fasiculus temporum omnes antiquorum chronicas complectens“ des Kölner Kartäusers Werner Rovelinck die lesekundigen Menschen Europas begeistert. Dieses Werk erreichte 33 Auflagen – zur damaligen Zeit ein echter „Bestseller“.

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Hartmann Schedel war ein begeisterter Büchersammler und Abschreiber wie viele humanistisch interessierte Menschen dieser Zeit. Er konnte auf eine der größten damals vorhandenen Bibliotheken zurückgreifen und begann 1487 mit seiner Arbeit an der Weltchronik. Diese sollte das Werk Rovelincks übertreffen und wurde mit 1809 Holzschnitten, gedruckt von 645 Holzstöcken das am reichsten bebilderte Buch Europas. Die in der Schedelschen Weltchronik enthaltenen Illustrationen gehören zu den Höhepunkten der Buchdruckkunst.

Gemäß den sieben Wochentagen der biblischen Schöpfung teilte Schedel seine „kurze beschreybung des wercks der sechs tag von dem geschöpf der werlt“ (Zitat aus der Einleitung) in sieben Weltalter ein.

Den Anfang bildet das Paradies, dann beschreibt Schedel den Bau der Arche Noah und die Zerstötung von Sodom und Gomorrha. Abraham leitet das dritte Weltalter ein, David und Salomo das vierte. Ab hier kommen zu den biblischen Geschichten immer mehr Porträts antiker Philosophen und Dichter sowie Städtebeschreibungen hinzu. Das sechste Weltalter führt von Christis Tod am Kreuz bis in die Gegenwart des 15. Jahrhunderts (das siebente Weltalter).

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Berühmt ist die Schedelsche Weltchronik (auch bekannt als Nürnberger Weltchronik) aber für die detaillierten Städtansichten im Anhang des Buches sowie die für damalige Verhältnisse bemerkenswerte Weltkarte. Diese bietet erstmals eine Art Vogelschaublick auf die damals bekannte Erde. Afrika und Europa sieht man in erstaunlich authentischer Weise. Indien entspricht zwar nicht den Tatsachen, ist aber ebenso wie China immerhin vorhanden. Die neue Welt, die ja erst 1493 entdeckt wurde, fehlt noch völlig.

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Daran scheiterte dann vermutlich auch der finanzielle Erfolg der Schedelschen Weltchronik. Die Zeiten änderten sich einfach zu schnell. Das Wissen explodierte damals regelrecht, die Geschichte musste ständig neu geschrieben werden. Eine Bilanz von Sebald Schreyer aus dem Jahr 1509 (da waren noch 571 Exemplare auf Lager) fiel sehr bescheiden aus. Der anfänglich gut angelaufene Verkauf konnte über die doch eher verhaltene Reaktion bei den Käufern nicht hinwegtäuschen.

Trotzdem war die Schedelsche Weltchronik für damalige Verhältnisse eine wertvolle Sammlung verscheidener Quellen. Die Leistung besteht in der Auswahl der Texte, ihrer Anordnung und in der künstlerisch hochwertigen Illustrationen. Heute ist sie ein gesuchtes Werk, das jeden Bibliophile gern in seiner Sammlung hätte. Die meisten erhaltenen Exemplare befinden sich heute im Besitz öffentlicher Bibliotheken und Museen.

Hartmann Schedels eigenes Exemplar befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek und kann hier im Internet eingesehen werden.

Ab und zu taucht ein Exemplar auf einer Auktion auf. 2010 erzielte ein gut erhaltenes Exemplar bei einer Versteigerung in London etwa 570.000 Euro. Bei einer Auktion in München erzielte ein leicht beschädigtes Exemplar einen Preis von 105.000 Euro. Wem das nun doch etwas zu teuer ist, der kann sich zumindest eine moderne Ausgabe in seinen Bücherschrank stellen.